„Wie lieblich ist der Maien aus lauter Gottes Güt …………“
„Wie lieblich ist der Maien aus lauter Gottes Güt, des sich die Menschen freuen, weil alles grünt und blüht. Die Tier sieht man jetzt springen mit Lust auf grüner Weid, die Vöglein hört man singen, die loben Gott mit Freud. Herr, lass die Sonne blicken ins finstre Herze mein, damit sich’s möge schicken, fröhlich im Geist zu sein, die größte Lust zu haben allein an deinem Wort, das mich im Kreuz kann laben und weist des Himmels Pfort.“
Wie lieblich ist der Maien, weil alles grünt und blüht, eines meiner Lieblingslieder aus dem Evangelischen Gesangbuch (EG 501). Es tröstet mich trotz oder gerade wegen der Unvorhersehbarkeit der Situation unserer Welt. Ich genieße die noch milden Sonnenstrahlen und freue mich an der förmlich aufbrechenden Natur. Dies steht im Widerspruch zu meinen Bedenken, ob die warmen Frühlinge der letzten Jahre nicht eher eine Folge des Klimawandels sind. Und das neue Grün steht im Widerspruch dazu, dass gut 1000 km von uns entfernt immer noch ein Krieg tobt. Trotzdem: die Natur ist für mich ein Zeichen Gottes. Es gibt für mich kaum Schöneres, als mich von den warmen Sonnenstrahlen kitzeln zu lassen und das frische Grün und die Blütenpracht zu genießen.
Für Martin Behm, der das Lied „wie lieblich ist der Maien“ getextet hat, ist die aufblühende Welt kein Zufall der Evolution, sondern ein Zeichen der Güte Gottes. Pralle Lebenslust klingt uns aus dem Lied entgegen: Tiere springen mit Lust und singen.
Martin Behm hat das Lied vor über 400 Jahren in der schlesischen Lausitz gedichtet, wo er schon seit über 20 Jahren Pfarrer der Stadtkirche war. Bereits in jungen Jahren hatte er lernen müssen, wie gefährdet das Leben ist. In seiner Heimatstadt gab es eine länger andauernde Hungersnot. Seine Eltern schickten den jungen Martin darum zu Verwandten nach Wien. Von dort ging er nach Straßburg um Theologie zu studieren. Später stand er dann seiner Gemeinde in Kriegszeiten, in Hungersnöten und während der Pest bei.
Alltag zu der damaligen Zeit hieß meist: den Kampf ums nackte Überleben bestehen. Missernten, Hungersnöte, Kriege oder Epidemien bedrohten die Menschen immer wieder. Bis vor Kurzem war mir dies alles sehr weit weg.
Dass nach harten, eisigen Monaten zuverlässig wieder freundliche, warme Tage folgen, dass nach dem Winter Frühling und Sommer kommen, das gab den Menschen damals die Gewissheit: es gibt so etwas wie eine verlässliche Ordnung. Diese haben wir Menschen ins Wanken gebracht. Wo wird die nächste Überschwemmung, die nächste Dürrekatastrophe das Land verwüsten?
Doch in mir bleibt die Hoffnung, dass Gott diese Ordnung in seinen Händen hält. Er alleine kann sie so bewahren, dass die Gaben der Natur den Menschen ernähren und das Leben erhalten. Darum wird das Lied vom lieblichen Maien zum Gebet: „Herr, dir sei Lob und Ehre für solche Gaben dein, die Blüt zur Frucht vermehre, lass sie ersprießlich sein. Es steht in deinen Händen, dein Macht und Güt ist groß; drum wollst du von uns wenden Mehltau, Frost, Reif und Schloß.“
Martin Behm kennt die Sorgen der Bauern nur zu gut. Alles scheint zu wachsen und zu gedeihen, die Bäume haben ordentlich Früchte angesetzt, auf dem Feld wogen die Halme im Wind. Späten Frost haben wir dieses Jahr im Rheinmaingebiet bislang nicht gehabt. Doch Pflanzenkrankheiten, die Trockenheit im März oder heftige Gewitter und Hagelschauer -das ist mit der alten Bezeichnung Schloß gemeint-, die können die ganze Ernte, ganze Existenzen, ganze Gebiete im Nu vernichten.
Und genau wie die Natur, so liegt auch das Leben der Menschen in den Händen Gottes. Wie schnell kann Leid, kann Zerstörung über einen Menschen, eine Familie, eine ganze Region hereinbrechen. Damals Pest, damals und noch heute Kriege oder Überschwemmungen.
„Herr, lass die Sonne blicken, ins finstre Herze mein, damit sich`s möge schicken, fröhlich im Geist zu sein.“
Wie ein Sonnenstrahl von Gott wirken die Verse und Melodie dieses Liedes auch in finstere Zeiten und tiefe Not. Sie können mein Herz erwärmen und mich daran erinnern, was alles in meinem Leben Früchte gebracht hat. Und das Lied kann mich ermuntern, meine Arbeit zu verrichten. Es ist mein Beitrag zum Großen und Ganzen der Schöpfung. Sie ist Teil des Plans Gottes mit uns und unserer ganzen Erde.
Gehen Sie beschwingt und voller Elan an Ihre Aufgaben für den Tag und an die Aufgaben unseres Lebens mit der Gewissheit: Gott steht dahinter und ordnet unser Leben.
Ihr Pfarrer Dr. Olaf Lewerenz