Aus der Laudatio von Dr. Wolfram Schmidt anlässlich der Verleihung:
Liebe Frau von Holtzapfel,
es ist mir eine große Freude, daß ich Ihnen heute die Laudatio halten und stellvertretend für den Vorstand des evangelischen Stadtdekanats Frankfurt und Offenbach zur Verleihung der Spenermedaille gratulieren darf. Sie sind seit 2001 das Herz und die Seele der Obdachlosenarbeit in der Katharinenkirche. Die evangelische Kirche in Frankfurt dankt Ihnen heute für Ihr Engagement, ohne das diese Arbeit nicht möglich wäre:
Jedes Jahr für drei Wochen im Januar laden Sie mit den beiden anderen ehrenamtlichen Leiterinnen Julia Eckelhöfer und seit diesem Jahr neu Stephanie Jost und Stadtkirchenpfarrer Dr. Lewerenz täglich in die Katharinenkirche ein, dazu in jedem anderen Monat an einem Sonntag. Im Schnitt folgen 250 bis 300 Gäste der Einladung. Die Gäste bekommen eine Mahlzeit, einen Platz zum Aufwärmen, Gelegenheit zu Kontakten und können andere Hilfe in Anspruch nehmen. Die Gäste erfahren Wertschätzung, werden nicht nach ihrer Herkunft gefragt, müssen sich nicht rechtfertigen, werden am Tisch bedient. Nur eine Erwartung müssen alle erfüllen: Respekt gegenüber den anderen Gästen und gegenüber den Ehrenamtlichen, die das alles leisten.
Die Organisation liegt bei einem Team, das Sie gemeinsam mit den anderen seit vielen Jahren leiten. Das heißt: Sie sammeln eine große Gemeinde von Ehrenamtlichen um sich, die bereit sind sich nachhaltig und persönlich zu engagieren. Darunter sind Bankangestellte, die jährlich von ihrem Arbeitgeber für „Social Days“ freigestellt werden; Studenten, die nicht nur ihre berufliche Karriere in den Blick nehmen, sondern sich auch für andere engagieren wollen; Eintracht-Ultras, die nicht nur den Adler im Herzen tragen, sondern Schlafsäcke spenden und obdachlose Gäste bedienen. Musikstudenten sorgen für die Tischmusik, Mitarbeitende der Elisabeth-Straßenambulanz und ausgebildete Seelsorgerinnen und Seelsorger für die körperliche und seelische Betreuung der Gäste. Alles in allem eine Gemeinde mit mehr als 50 aktiven Mitgliedern!
Liebe Frau von Holtzapfel, wenn wir heute die nach Philipp Jakob Spener benannte Auszeichnung verleihen, dann berufen wir uns auch auf sein Werk. Er veröffentlichte 1675 unter dem Namen „Pia desideria“ sein Reformprogramm für die Kirche. Darin formuliert er sechs „einfältige Vorschläge“. Der dritte Vorschlag lautet „Den Leuten fleißig einzubilden, das Christentum bestehe nicht in Wissen, sondern in der Praxis“. Die Obdachlosenarbeit, die Sie leiten, ist die rechte Praxis der Nächstenliebe!
Foto: Rolf Oeser