Vertraut den neuen Wegen – Selbstfürsorge stärken

Als Gemeinde sind wir in diesen Wochen und Monaten dabei, Altes hinter uns zu lassen und aufzubrechen zu neuen Wegen, Orten und Konzepten. Solche Wechsel lösen meist Krisen aus. Dabei leben wir doch in der Politik und in der sozialen Gemeinschaft schon in krisenhaften Zeiten, einer „Zeitenwende“, die uns Sorgen und Angst machen. Deshalb möchten wir es privat und in der Gemeinde, wo wir uns beheimatet und wohl fühlen sicherer haben. Doch wir erleben Krisen immer wieder durch den Verlust eines Menschen durch Trennung oder den Tod; oder durch den Verlust der Gesundheit; durch Streitigkeiten oder Vertrauensbrüche.
Als Seelsorgerin möchte ich einen Anstoß zu größerer Selbstsorge geben und damit zu Lösungen für Probleme anregen. Wenn Lösungen im Großen auf sich warten lassen, müssen wir Lösungen im Kleinen suchen. ©mariya_m – pixabay
Mangelnde Selbstsorge ist ein häufiger Grund dafür, dass es uns schlecht geht. Vielleicht standen Sie selbst schon an der Stelle, wo sie entdeckten: Sie haben sich für andere verausgabt und haben sich selbst darüber vernachlässigt. Wichtig für das seelische und damit auch körperliche Wohlbefinden ist, immer wieder die Frage zu stellen: Sorge ich wirklich gut für mich? Es fängt schon mit der Sprache an: Mit uns selbst sprechen wir oft so hart wie mit niemandem sonst. Mehr Selbstliebe, weniger Kritik möchte ich allen mit auf den Weg geben. Stellen Sie sich die Frage: Wo könnte ich und muss ich mit mir selbst gut umgehen und meinen eigenen Wünschen und Bedürfnissen deutlicher nachgehen? Vor langer Zeit hörte ich einen Beitrag in hr2 in dem eine Methode vorgestellt wurde, um neue Wege gut beschreiten zu können: „WOOP your life“. Sie steht dafür:

W
           wish                      = Wunsch
O            outcome              = Ergebnis
O            obstacle               = Hindernis
P             plan                      = Wenn-dann-Planung

  1. Welches Ziel möchte ich erreichen?
  2. Wie wäre es und was für Folgen hätte es, wenn ich das Ziel erreiche?
  3. Welche mentalen Hindernisse und Einstellungen stellen sich meiner Zielerreichung in den Weg?
  4. Wie kann ich die Hürden und Schwierigkeiten überwinden?

„Hilf dir selbst, dann hilft dir Gott!“  Als ich jünger war, fand ich diesen Satz „zynisch“, gar Gott verleugnend. Heute bejahe ich ihn: Ich kann Gott um Kraft bitten, für mich selbst zu sorgen. Das beginnt mit einem In-sich-Hineinhorchen, was eigentlich mit mir ist. Danach ist die Frage der Zukunftsorientierung zu stellen: Was soll werden, damit es mir besser geht?
Bei der Suche nach neuen Wegen können wir Gott bitten, dass wir das Vertrauen in uns selbst und in unsere Fähigkeiten vergrößern. Wir haben also Veränderung zu unserer Aufgabe gemacht – weil der krisenhafte Zustand nicht bleiben kann, in dem es uns nicht gut geht. Da stellen sich allerdings Hindernisse ein: unausgesprochene Ängste, materielle Überlegungen… Dann bleibt nur: nach neuen realistischen Wegen zu suchen! Selbstfürsorge bedeutet Handeln. Machen ist wie wollen, nur krasser! So sage ich das mal „umgangssprachlich“. Wir müssen unsere Probleme selbst konkret angehen.
Das, was wir zum Besseren ändern können, sollten wir ändern. Das, was wir nicht ändern können, müssen wir hinnehmen. Dazu brauchen wir die Haltung der Gelassenheit. Auch diese können wir im Gebet erbitten. In der Feier des Abendmahls können wir sie erfahren. „Für dich gegeben“ – „Für dich vergossen“! Die Kommunikanten stehen da mit leeren Händen und werden beschenkt. Hostien / Brot – Christus selbst wird in unsere Hände gelegt. Und in die Hände wird ein Kelch gereicht: Nichts muss gemacht werden, es ist ein pures Empfangen. „Für dich“: Jeder wird persönlich angesprochen – ein Geschenk, das genau mir gilt. Das Ich wird im Akt des Empfangens zur Gelassenheit ermutigt und zum Handeln an zukunftsorientierten Veränderungen sowie zum Aufbruch zu neuen Wegen gestärkt. Die Feier des Abendmahls ist eine Form der Selbstfürsorge. Sie kann Ängste mildern und das Vertrauen in die eigenen Kräfte weitern. So hilft uns Gott (auch).
Einen langen Sommer der Gnade Gottes wüscht Ihnen
Ihre Pfarrerin
Gita Leber

Evangelisch-lutherische St. Katharinengemeinde